Polydaktylie bei Katzen
Wie entsteht sie und was hat sie zu bedeutenPolydaktylie bei Katzen – das klingt zunächst nach einer Krankheit. Tatsächlich handelt es sich jedoch um einen interessanten Effekt, der betroffenen Tieren vielleicht einen Vorteil bringt und in den USA daher sogar absichtlich gezüchtet wird. Worum es sich genau handelt und viele weitere wichtige Informationen rund um die Polydaktylie lest ihr hier.
Polydaktylie bei Katzen – Was ist das?
Mit dem Fachbegriff Polydaktylie ist die Vielzehigkeit gemeint. Der deutsche Name verrät es bereits: Betroffene weisen mehr Zehen auf als Katzen normalerweise haben. Für gewöhnlich bedeutet das fünf Zehen an jeder Vorder- und vier Zehen an jeder Hinterpfote. Daraus ergeben sich insgesamt 18 Zehen. Bei „Polys“, wie Katzen mit Polydaktylie ebenfalls genannt werden, ist die Anzahl erhöht.
Wie viele Zehen haben Katzen mit Polydaktylie?
Das ist unterschiedlich und abhängig von der Ausprägung. Manche Sofalöwen haben eine zusätzliche Zehe, lediglich an einer Pfote. Bei anderen sind zwei oder alle vier Pfoten betroffen.
Die Anzahl liegt also zwischen 19 und 22 Zehen? Nein, das lässt sich pauschal nicht sagen, denn neben der Anzahl der betroffenen Pfoten variiert auch die Anzahl der Zehen. Es kann vorkommen, dass mehr als eine Zusatzzehe pro Pfote ausgebildet ist. Der aktuelle Weltrekord liegt bei 28 Zehen. Dabei scheint auch das Maximum erreicht zu sein von sieben Zehen pro Pfote.
Formen der Polydaktylie
Grundlegend werden zwei Formen der Vielzehigkeit bei Katzen unterschieden: die Mittens-Form und die Patty-Foot-Form. Das Wort „Mittens“ kommt aus dem Englischen und bedeutet Fäustlinge. Bei dieser Variante befindet sich die zusätzliche Zehe an der Innenseite der Pfote, was ihr das Aussehen eines Boxhandschuhs oder eines Fäustlings verleiht. Bei dem „Patty-Foot“ ist die Zehe mittig oder an der Außenseite der Pfote positioniert. Hierdurch entsteht ein nahezu kreisrundes Aussehen. Der Begriff „Patty“ ist ebenfalls aus der englischen Sprache und bedeutet so viel wie Pastetchen oder auch Brätling. Gemeint sind damit die runden Küchlein oder Auflagen auf Burgern.
Unterschieden werden die Formen lediglich aufgrund der Position der zusätzlichen Zehen und das Aussehen, das dadurch entsteht. Eine Auswirkung auf die Funktion ergibt sich daraus jedoch nicht.
Fun Fact: Polydaktylie und Hemingways Katzen
Neben der Bezeichnung Polys findet sich auch der Name Hemingways Katzen. Der berühmte Schriftsteller hatte eine vielzehige Katze, die nahezu so bekannt wurde wie er.
Symptome: Welche Anzeichen treten bei Polydaktylie bei Katzen auf?
Betroffene Tiere haben von Geburt an mehr Zehen. Falls ihr also glaubt, euch verzählt zu haben, habt ihr bereits einen Poly entdeckt. Weitere Anzeichen gehen mit der Vielzehigkeit jedoch nicht einher.
Gibt es Einschränkungen durch Vielzehigkeit bei Katzen?
Nein, in der Regel entstehen dadurch keine Probleme. Bei einer ungünstigen Position der Zehe kann ein etwas höheres Risiko dafür bestehen, dass die Kralle einreißt, abbricht oder sogar herausgerissen wird. Diese Gefahr besteht allerdings generell bei Katzen, vor allem, wenn sie sich die Krallen nicht genug wetzen oder sehr wild spielen und klettern. Ein wirklicher Nachteil besteht daher nicht. Es wird sogar davon ausgegangen, dass das Gegenteil der Fall ist und Polys besser klettern können. Es ist also nicht notwendig, die überzähligen Zehen operativ entfernen zu lassen.
Katzenzucht trotz Polydaktylie?
Hierbei gehen die Meinungen auseinander. In Deutschland ist die gezielte Zucht mit Tieren, die Polydaktylie aufweisen, zwar nicht direkt verboten – es wird allerdings davon abgeraten, um keine weiteren Katzen mit der Anomalie zu zeugen.
Das ist zurückzuführen auf eine Empfehlung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) beziehungsweise von der ihr unterstehenden Sachverständigengruppe für „Tierschutz und Heimtierzucht“. Die Begründung hierfür ist, dass die geltenden Rassestandards erhalten bleiben sollen.
In Amerika ist die Situation vollkommen anders. Hier wird sogar eine Rasse speziell daraufhin gezüchtet, Polydaktylie aufzuweisen. Diese trägt den passenden Namen „Superscratcher“.
Katzenrassen mit Vielzehigkeit
Neben Superscratcher weist noch eine weitere Rasse überdurchschnittlich häufig Polydaktylie auf. Maine Coons tendieren dazu, mehr Zehen zu haben. Verwunderlich ist das nur im ersten Moment. Wenn ihr jedoch die Geschichte der Rasse betrachtet, ergibt die Erwünschtheit der Vielzehigkeit Sinn.
Maine Coons waren ursprünglich Schiffskatzen und Arbeitskatzen. Auf Schiffen mussten sie auch bei starkem Seegang gut das Gleichgewicht bewahren und sich selbst festhalten können. Zudem war es wichtig, dass sie ausgezeichnet klettern können und sogar im Schnee schnell vorankommen.
Für Jagd, Rennen und Balance oder das Laufen auf schwierigen Untergründen sind größere, breitere Pfoten ein eindeutiger Vorteil. Beim Klettern und Festhalten geben mehr Krallen eine höhere Sicherheit. Die Polydaktylie kann daher – anstelle als Anomalie oder fragwürdige Mutation – ebenso als evolutionäre Anpassung und Vorsprung betrachtet werden.
Zudem stellen sie keine Einschränkung dar. Sie bereiten keine Schmerzen, behindern die Beweglichkeit nicht und benötigen daher keiner speziellen Behandlung. Die BMEL-Empfehlung keine Katzen mit Polydaktylie zu züchten, bezieht sich daher ausschließlich auf das Erscheinungsbild. Eine Qualzucht ist es jedoch aus objektiver Sicht nicht.
In einigen deutschen Zuchtvereinen sind sie daher ebenfalls zur Zucht zugelassen. Das ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass keine Einschränkungen vorhanden sind und Rassestandards sich fortlaufend ändern.
Genetische Ursachen der Polydaktylie
Für die Ausbildung von mehr Zehen als üblich zeigt sich ein verändertes Gen verantwortlich. Dieses wird autosomal dominant vererbt wird. Das bedeutet, dass bereits ein Elterntier mit der Mutation ausreicht, um die Veränderung an die Nachkommen weiterzugeben.
Das verantwortliche Gen wird als Sonic-Hedgehog-Gen bezeichnet und schaltet seine Aktivität vermutlich zu spät aus, sodass sich zusätzliche Zehen bilden.
Polydaktylie oder Tumor?
Die Entdeckung einer überzähligen Zehe kann gerade bei erwachsenen Katzen erschreckend sein. Das gilt vor allem dann, wenn beispielsweise anstelle oder zusätzlich zu der Afterkralle plötzlich ein „Daumen“ vorhanden ist.
Hier solltet ihr aufpassen. Bei Vielzehigkeit ist eine richtige Zehe samt Kralle seit der Geburt vorhanden.
Tritt hingegen plötzlich eine vermeintliche Zehe auf, kann es sich dabei um einen Tumor oder eine Verletzung handeln. Heilt eine Punktierung zum Beispiel nach einem Kampf oder durch das Eintreten eines Fremdkörpers von innen heraus ab, entsteht gegebenenfalls eine Verkapselung, ein Furunkel oder ein Abszess.
In diesen Fällen ist dringend eine tierärztliche Behandlung erforderlich. Erkennen und von der Polydaktylie unterscheiden könnt ihr solche Zustände bei Katzen anhand der folgenden Merkmale:
- Schonung der betroffenen Pfote
- keine Kralle vorhanden
- kein Ballen
- Schmerzempfindlichkeit
- Ausstrahlen von Wärme
- fehlendes Fell
Kommt Polydaktylie bei anderen Tieren vor?
Ja, Menschen, Hunde, Meerschweinchen können ebenfalls Polydaktylie aufweisen.
Polydaktylie – Warum war sie verboten und wird verheimlicht?
Polydaktylie ist kein neues Phänomen. Gerade bei Maine Coons ist sie bereits seit langem bekannt und schränkt die Katzen nicht ein. Allerdings war sie aus optischen Gründen und teilweise durch Aberglauben verschrien. Im Mittelalter wurde sie beispielsweise mit dem Teufel und Hexen in Verbindung gebracht und daher getötet. Bei Züchtern durften Katzen mit Polydaktylie zwar ausgestellt werden, für die Zucht waren sie jedoch angeblich ungeeignet und wurden „unter der Hand“ an Liebhaber abgegeben. Dennoch tritt die Erscheinung immer wieder auf, wenn in Deutschland jedoch auch sehr selten.
Können Katzen mit Vielzehigkeit besser greifen?
Einer der Gründe, warum Maine Coons häufiger Polydaktylie aufweisen, soll vermeintlich darauf zurückgehen, dass sie besser greifen und dadurch auch besser jagen können. So sollen sie beispielsweise Fische schneller und sicherer aus Flüssen holen. Ob diese Vorteile wirklich bestehen, ist jedoch immer von der genauen Positionierung der zusätzlichen Zehen abhängig.
Behandlung von Polydaktylie
In den meisten Fällen erfordert Polydaktylie keine spezifische Behandlung. Die zusätzlichen Zehen stellen in der Regel keine Beeinträchtigung für die Katze dar. Es ist jedoch wichtig, die Pfoten sauber zu halten und regelmäßig zu überprüfen, ob sich keine Verletzungen oder Infektionen entwickeln.
In seltenen Fällen, wenn die zusätzlichen Zehen Probleme verursachen, kann eine chirurgische Entfernung in Erwägung gezogen werden. Dies sollte jedoch nur von einem erfahrenen Tierarzt durchgeführt werden.
Fazit
Polydaktylie ist eine genetische Anomalie, bei der Katzen zusätzliche Zehen an den Pfoten haben. Obwohl dies keine gesundheitlichen Probleme verursacht, ist es wichtig, die Pfoten regelmäßig zu überprüfen und sicherzustellen, dass die zusätzlichen Zehen keine Schmerzen oder Schwierigkeiten beim Gehen verursachen. Wenn Probleme auftreten, solltet ihr einen Tierarzt konsultieren. Polydaktylie macht Katzen einzigartig und fügt ihrer Persönlichkeit einen besonderen Charme hinzu.
Häufig gestellte Fragen
Ist Polydaktylie bei Katzen schmerzhaft?
Polydaktylie selbst verursacht in der Regel keine Schmerzen bei Katzen. Es ist jedoch wichtig, die Pfoten regelmäßig zu überprüfen, um sicherzustellen, dass keine Schmerzen oder Entzündungen auftreten.
Kann Polydaktylie vererbt werden?
Ja, Polydaktylie kann vererbt werden. Es handelt sich um eine genetische Anomalie, die von den Elterntieren auf die Nachkommen übertragen werden kann.
Ist Polydaktylie bei Katzen häufig?
Polydaktylie ist bei einigen Katzenrassen, wie der Maine Coon, relativ häufig. In anderen Rassen tritt sie jedoch selten auf.
Können polydaktyle Katzen normale Pfotenabdrücke hinterlassen?
Ja, polydaktyle Katzen können trotz der zusätzlichen Zehen normale Pfotenabdrücke hinterlassen.
Muss Polydaktylie behandelt werden?
In den meisten Fällen erfordert Polydaktylie keine Behandlung, solange die zusätzlichen Zehen keine Probleme verursachen. Es ist jedoch wichtig, regelmäßig den Gesundheitszustand der Pfoten zu überprüfen.
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